Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen ist die Kunstsammlung des Landes in der Landeshauptstadt in Düsseldorf und unsere Netzwerkpartnerin Julia Niggemann leitet diese seit März diesen Jahres gemeinsam mit Prof. Dr. Susanne Gaensheimer.

Ein guter Grund, sie zu besuchen und die „Träume von der Zukunft“ von Hilma af Klint und Wassily Kandinski zu bestaunen. Mit dabei auch Birgit Winter vom BPW Düsseldorf und Mechtild Janßen vom ZONTA-Club Niederrhein. Julia hatte sich Zeit für uns genommen und begrüßte uns schon in der Eingangshalle. Sie arrangierte eine Führung durch die aktuelle Ausstellung und so erlebten wir die Bilder aus kunsthistorischer Sicht. Es geht eben nicht nur darum, wer als Erste(r) für die abstrakte Kunst steht, sondern darum, wie Kunst die sich damals so rasant wandelnde Welt einfing und den nicht sichtbaren Raum ausdrückte. Beide Künstler erlebten die Atomkernspaltung und die damit verbundene Verunsicherung der Welt. Sie brachten ihre Empfindungen auf die Leinwand.

Während Kandinsky zu Lebzeiten bereits Ruhm erlang, war Hilma af Klimt lange unbekannt. Sie stellte nur wenige Bilder aus und verfügte klug, dass die Bilder nach Ihrem Tod 20 Jahre lang nicht veröffentlicht werden sollten. Die Zeit müsse erst reif sein, ihre Bilder zu betrachten. Ein weiser Entschluss… Doch es dauerte viele Jahre länger, bis ihre Bilder 2018 erstmals im Guggenheim Museum gezeigt wurden – und es wurde ein internationaler Durchbruch der Künstlerin. Nie zuvor hatte das Guggenheim solche Besucherzahlen erreicht, wie mit der Ausstellung der bislang unbekannten Künstlerin. Nun war sie einem großen Publikum bekannt.

Die Ausstellung im K 20 nimmt Ähnlichkeiten und Unterschiede in den Blick. Sowohl af Klint als auch Kandinsky durchliefen eine akademische Ausbildung, bevor sie zur abstrakten Malerei übergingen. Beide waren 45 Jahre alt, als sie Schlüsselwerke schufen, die in Düsseldorf gezeigt werden. In München malte Kandinsky 1911 die großformatige „Komposition IV“ und verfasste seine Schrift „Über das Geistige in der Kunst“. In Stockholm schuf af Klint 1907 ihren monumentalen Zyklus „Die Zehn Größten“, sowie weitere abstrakte Serien, darunter das Ende von „Urchaos“. Die Malerin und der Maler beschäftigten sich ein Leben lang mit den naturwissenschaftlichen Umwälzungen ihrer Zeit. Sie vereinte die Lektüre von Büchern, in denen die Entdeckungen in Physik und Chemie als Zeitenwende beschrieben wurden.

Beide arbeiteten dabei in Gemeinschaften. Kandinsky hatte mit Franz Marc den „Blauen Reiter“ gegründet, später schloss er sich dem Bauhaus in Weimar und Dessau an. Af Klint befand sich im Zentrum von wechselnden Frauenkollektiven, die zum Teil beim Malprozess mithalfen. Zu den wichtigsten Personen zählten die Malerin Anna Cassel und die Krankenschwester Thomasine Anderson, deren Arbeiten Teil der Ausstellung sind.

Im Dezember des Jahres 1915 kam Kandinsky nach Stockholm, wo er auch ausstellte. Eine Begegnung mit af Klint ist nicht überliefert. Allerdings kann es als wahrscheinlich gelten, dass die Malerin von der Ausstellung wusste. Die schwedische Presse berichtete breit. Gezeigt wurden von Kandinsky sowohl gegenständliche als auch abstrakte Werke. Eines der Gemälde verarbeitete die Legende vom Heiligen Georg, der auch auf dem Almanach des „Blauen Reiter“ abgebildet worden war. Die Figur nahm in af Klints Schaffen ebenfalls eine wichtige Rolle ein: Sie fand Eingang in die Serie „Die Taube“ von 1915 und trat als Alter Ego in den Notizbüchern auf. Auch dieser verblüffende Parallele widmet die Ausstellung einen Raum.
Zu den Unterschieden zählen die weit auseinanderliegenden Vorstellungen, was die Verbreitungswege der Kunst anbetrifft. Kandinsky nutzte ein Netz von verschiedenen künstlerischen Gruppen, Museen, Institutionen, Verlagen, Galerien, Sammlerinnen und Sammlern. Af Klint dagegen plante einen Tempel, der alle ihre Werke vereinen sollte. Darüber hinaus verstand sie sich als Medium und ließ ihre Bilder unsigniert. Beide wollten mit der Abstraktion jedoch nicht nur einen neuen Stil schaffen. Sie verstanden ihre Malerei als Beginn einer gesamtgesellschaftlichen Bewegung, zu der die Kunst den Weg wies.

Der Tempel, den af Klint für die Ausstellung ihrer Bilder auf einer kleinen Insel nahe Stockholm plante, wurde zwar nie gebaut, doch ihre Bilder im Guggenheim-Museum, dass einen ähnlichen Baustil zeigt, kamen ihrem Wunsch sehr nahe.

Eine beeindruckende Ausstellung, die den Zeitgeist von Damals ins Heute trägt und die berührt, so unser Fazit bei einer Tasse Kaffee auf der Gartenterrasse des K 20 auf Einladung von Julie Niggemann. Natürlich hat sich ein Bummel über die Rheinterrassen und die Altstadt mit einem Altbier hin zu KÖ angeboten…

Am 31.8. wird Lars Eidinger im K 20 erwartet und ab 28.9. YOKO ONO mit „Music of the Mind“ ausgestellt. Grund genug, die Landeshauptstadt wiederzusehen!

 

 

Text: Barbara Baratie (inkl. Auszüge aus der Pressemappe des K 20)

Fotos: Thomas Hahne

(aus urheberrechtlichen Gründen sind Bilder aus der Ausstellung teilweise verpixelt)