Zweimal ganz knapp verpasst! Die Agentur ‚De Taalfactor‘ von Nellie van der Moolen hatte im vergangenen Jahr nicht nur ihr 15jähriges Firmenjubiläum. Die Unternehmens- und Kommunikationsberaterin war im vergangenen Jahr zudem 10 Jahre Mitgliedsfrau im unternehmerinnen forum niederrhein. Wenn das kein Grund zum Feiern gewesen wäre! Dass so viel Zeit ins Land gegangen ist… niemand war darüber erstaunter als Nellie,  als sie jetzt im Interview die Jahre Revue passieren ließ.

Nellie van der Moolen ist Niederländerin. Sie arbeitet und lebt in Oosterhout, einem kleinen Dorf in der Nähe von Nijmegen und sie ist überzeugte Grenzgängerin. Seit einigen Jahren ist die Agentur Taalfactor als aktive Vermittlerin  zwischen niederländischen und deutschen Unternehmen unterwegs. Sie kennt den niederländischen Markt gut.

Taalfactor
taal >[tal] (nl) SUBST v   = Sprache (dt.)
factor > [def.]
ein entscheidender,
wesentlicher, bestimmender Faktor

Wenn ein deutsches Unternehmen niederländische Kunden oder Partner zur Zusammenarbeit in den Niederlanden sucht, stellt sie den Kontakt zu den passenden niederländischen Firmen her. „Ich „matche“! Eigentlich sollte es doch normal sein, dass gerade die Unternehmen in der Grenzregion untereinander Geschäfte machen. Doch mit der Annäherung tun sich doch vor allem die deutschen Unternehmen schwer. Sie ticken anders als niederländische Firmen und es dauert lange, bis aus Kontakten ein Geschäft wird. Ich bin in ganz unterschiedlichen niederländischen und deutschen Unternehmensnetzwerken aktiv und bekomme das oft hautnah mit. Da ist noch sehr viel Potenzial. Ich kann hier mit meinen Kontakten eine Brücke schlagen und zwischen den Unternehmen gut vermitteln“, sagt Nellie van der Moolen.

Immer wieder nach neuen Herausforderungen zu suchen, sich in ganz neue Situationen und Aufgaben einzuarbeiten, „das ist doch das Spannende, es muss herausfordernd sein. Wenn ich merke, dass es mich nicht fordert, muss ich etwas anderes machen.“

„das ist doch das Spannende, es muss herausfordernd sein.
Wenn ich merke, dass es mich nicht fordert, muss ich etwas anderes machen.“

Nellie van der Moolen, geboren 1964 in der kleinen, katholisch geprägten Gemeinde Helden in Nord-Limburg, war sich kurz nach dem Abitur noch nicht sicher, wohin die berufliche Reise gehen sollte. Touristik? Kommunikation? Sprache? Ausbildung? Studieren? Um keinen Leerlauf zu haben, absolviert sie am renommierten Schoevers-Institut zunächst eine Sekretärinnenausbildung.

 

Dann schreibt sie sich an der Universität Nijmegen für Germanistik und zwei Jahre später für das Fach Film ein. Nach einigen Semestern kommt sie ins Grübeln: „Die Zeit in Nijmegen war einfach toll für mich. Film war ein schönes Studium- bis zu dem Zeitpunkt, als unsere Dozenten uns klar machten, dass wir mit der Fächerkombination nicht wirklich weiterkommen würden. Ich wechselte deshalb in den Fachbereich Sozialwissenschaften und schloss mein Studium mit einem Diplom in Kommunikationswissenschaften ab.“

Mit dem Abschluss in der Tasche musste Nellie van der Moolen jedoch realisieren, dass sie für ihren Berufseinstieg eine denkbar schlechte Arbeitsmarktsituation erwischt hatte. „Meine Jobsuche fiel genau in eine Zeit, wo Tausende junger Leute mit guten Abschlüssen auf den Arbeitsmarkt drängten. Ich machte ein Bewerbungscoaching und schrieb eine Bewerbung nach der anderen. Ich erinnere mich noch gut an eine ausgeschriebene Stelle, auf die sich sage und schreibe 720 Menschen beworben haben. Und natürlich suchten die Unternehmen möglichst junge Leute von der Uni, die aber gleichzeitig jede Menge Berufserfahrung und Expertise mitbringen sollten. Ich musste also im Job Erfahrung sammeln.“

Die Rettung kam über ein Förderprogramm,  über das Jobsuchende sich ein Jahr finanzieren konnten, wenn sie so in einen  Job einsteigen konnten. „Ein Professor aus den Kommunikationswissenschaften fragte mich, ob ich bei ihm als wissenschaftliche Hilfskraft arbeiten wollte. Ich wollte -und habe mir so meine erste Stelle selbst geschaffen.“

Nach 6 Monaten hatte sie 3 Stellenangebote auf dem Tisch und entschied sich für einen großen Futtermittelhersteller in Boxmeer. Hier war sie für die externe und interne Kommunikation zuständig. „In den 8 Jahren, die ich dort gearbeitet habe, habe ich definitiv mein berufliches Rüstzeug bekommen. Ich konnte von meiner Position heraus bald sehr gut erkennen, wo es im Unternehmen Informationsbedarf gab. Es gab ja viele unterschiedliche Arbeitsbereiche bei ca. 650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und häufig wusste die eine Abteilung nichts von der anderen und so habe ich – neben meiner  sonstigen  Öffentlichkeitsarbeit- ein Personalmagazin auf den Weg gebracht. Damals habe ich gelernt: die innerbetriebliche Kommunikation ist ein wichtiges Instrument, um Identität zu stiften – und das sowohl intern als auch extern. Wenn 4x im Jahr so ein Heft nach Hause kommt, können sich auch die Familienangehörigen so ein viel besseres Bild über die Arbeitsstelle machen.  Damals habe ich auch für unser Schwesterunternehmen Hendrix Deutschland die Marketingkommunikation für deutsche Landwirte/Bauern gemacht, dazu gehörte ein Magazin für deutsche Rinder-, Schweine- und Hühnerzüchter. Mit tatkräftiger Nachhilfe der einzigen deutschen Mitarbeiterin des Unternehmens, der Sekretärin in Goch, die dafür gesorgt hat, dass der Text in richtigem „Niederrheindeutsch“ gedruckt wurde.

Nach einem kurzen Zwischenstopp bei einer Organisations- und Kommunikationsagentur ist sie bei ‚huiszorg Zuid-Gelderland‘ (Häusliche Pflege) in die Kommunikations- und Pressearbeit eingestiegen. „Hier habe ich die Öffentlichkeitsarbeit während einer Fusion von 4 Heimen und mobilen Diensten verantwortet.“

2003 hat Nellie van der Molen ihre Agentur ‚Taalfactor‘ gegründet. Schon länger hatte sie mit dem Gedanken gespielt, sich selbständig zu machen. „Sprache ist nun einmal mein Medium und Sprache kann sich auf so vielfältige Weise ausdrücken: verbal, nonverbal, visuell, akustisch.“

„Sprache ist nun einmal mein Medium und Sprache kann sich auf so vielfältige Weise ausdrücken:
verbal, nonverbal, visuell, akustisch“

Den letzten Anstoß gab die Anfrage eines mir bekannten Texters, der mich bat, seine Texte zu redigieren. Im Laufe der Jahre habe ich immer wieder festgestellt, dass ich mich problemlos in neue Strukturen und Teams einarbeiten kann, schnell wichtige Zusammenhänge in einem Unternehmen erkenne und vor allem, dass es mir Spaß macht, parallel an unterschiedlichen Projekten zu arbeiten. Also habe ich meine Firma gleich offiziell bei der Handelskammer und Finanzamt angemeldet. In den Anfängen von Taalfactor habe ich noch an 3 Tagen in der Woche für die Stadt Arnheim und eine Stadtabgeordnete gearbeitet. Nach 3 Jahren habe ich gemerkt: Das ist alles mit so einem Nebenjob nicht mehr zu schaffen.“

In der Folge kamen immer mehr interessante Aufträge. Auftraggeber sind Kommunen, Unternehmen, Ämter und andere öffentliche oder halböffentliche Institutionen. „Als Kommunikations- und Projektberaterin habe ich z.B. in unterschiedlichen Projekten für die Rijkswaterstaat (staatliches Amt für Wasser- und Straßenwirtschaft) und wie man im Niederländischen sagt, im Sorgebereich gearbeitet.“

Auf die Frage, ob die Aufträge automatisch kommen, lacht sie. „Zum Teil. Ich muss mich aber ebenso um Aufträge kümmern. Regelmäßiges Netzwerken gehört daher zu meinem Arbeitsalltag.“ Wie aktiv, sieht man an der eindrucksvollen Reihe Logos in ihrer mail-Signatur. Neben dem unternehmerinnen forum niederrhein ist sie aktiv im ‚Nijmeegs Ondernemerscafé‘ und bei den ‚Grenzhoppern‘ und deckt damit eigentlich schon einen guten Teil der deutsch-niederländischen Euregio Rhein-Waal ab. Der Business Network International (BNI) ist für sie ein wichtiges Netzwerk. „ Es ist im Gegensatz zu vielen anderen Business Networks verbindlich. Als Mitglied verpflichtet man sich, jede Woche zu den Charter-Frühstücken zu erscheinen. Das Prinzip basiert auf Geschäftsempfehlungen und Mundpropaganda. Es funktioniert schon deshalb, weil im Netzwerk immer nur eine Berufsgruppe bzw. eine Branche vertreten ist. Dadurch entstehen keine Konkurrenzen. Durch das Teilen von Kontakten und Empfehlen von Netzwerkpartnerinnen und -partnern konnten wir im vergangenen Jahr allein in unserem Charter Nijmegen  an die 2 Millionen Euro extra generieren.“

Bei all den Aktivitäten liegt die Frage in der Luft: War irgendwann und irgendwie auch Zeit, eine Familie zu gründen? Gibt es ein Privatleben? Klar, das Private war ihr immer gleich wichtig. Sie ist verheiratet, ihre zwei Söhne sind mittlerweile erwachsen, einer studiert bereits und der andere ist auf dem Weg dorthin. Ihre freie Zeit nutzt sie, um mit ihrem Mann in der Natur unterwegs zu sein. Über die vielen Jahre hinweg ist ihr Lebensmotto geblieben: Denk positiv, bleib optimistisch, arbeite hart, aber feiere, was es zu feiern gibt!

Denk positiv, bleib optimistisch, arbeite hart, aber feiere, was es zu feiern gibt!

Gibt es für nahe Zukunft konkrete Ziele? „Ja, ich mache gerade einen neuen Anlauf, meine Kontakte nach Deutschland zu revitalisieren und neue zu knüpfen, um doch noch die Geschäftsaktivitäten über die Grenze mit anzuschieben. Und dann gibt es noch ein Projektvorhaben, bei dem ich gerne mitwirken würde: in Winterswijk gibt es Pläne für eine bi-nationale Business-School. Und so eine Einrichtung braucht doch dringend eine topfitte und hoch motivierte Kommunikationsberaterin!“

Interview Gabriele Coché-Schüer
Foto Sietinga Fotografie